Chemische Reaktionen von Aldehyden

Wie wir bereits gelernt haben, sind Aldehyde Verbindungen der organischen Chemie, die eine endständige Aldehydgruppe -CHO haben.
Aldehyde können aufgrund der Polarität ihrer Carbonylgruppe eine Vielzahl chemischer Reaktionen eingehen.
So weist die C=O Verbindung der Carbonylgruppe eine partial negative Ladung am Sauerstoffatom (O) und eine partial positive Ladung am Kohlenstoffatom (C) auf.
Auslöser dafür ist die deutlich höhere Elektronegativität des Sauerstoffatoms im Vergleich zu der des Kohlenstoffatoms.
Zusätzlich trägt das Sauerstoffatom noch zwei freie Elektronenpaare. Damit entstehen durch die positive Partialladung ein elektrophiles (elektronenliebendes) C-Atom und ein nukleophiles O-Atom („positive Ladung liebend“).

Durch dieses Dipolmoment ist das C-Atom anfällig für „nukleophile Angriffe“ durch negative Ionenoder neutrale Moleküle mit freien Elektronenpaaren.

Welche Reaktionen das im Detail sind, nach welchen Mechanismen sie ablaufen und was deren Endprodukte sind, soll nun betrachtet werden.

Nukleophile Addition

Additionsreaktionen sind nicht nur an Doppel- oder Mehrfachbindung von zwei beteiligten C-Atomen möglich.
(z. B. Alkenen)
Auch bei Doppelbindung von heterogenen (unterschiedlichen) Bindungspartnern ist solch ein Angriff möglich.
Bei den Aldehyden stellt die nukleophile Addition eine der wichtigsten chemischen Reaktionen dar.

Die dabei ablaufenden allgemeinen Reaktionsmechanismen lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen:

Betrachtet man die Carbonylgruppe (C=O) dann sind hierbei das Kohlenstoff- und das Sauerstoffatom sp² hybridisiert.

1. Ein nukleophiles Ion oder das Elektronenpaar eines nukleophilen Atoms greift das elektrophile C-Atom der Carbonylgruppe an

2. Beide Elektronen (p-Elektronen) der C=O Doppelbindung werden auf das Sauerstoffatom O verschoben.

3. Dadurch wird das C-Atom der Carbonylgruppe von sp² zu sp³ hybridisiert.

Aldehyd + Nukleophil → tetraedrisches Zwischenprodukt mit Nukleophilen (negativ geladen)

Tetraedrisches Zwischenprodukt nimmt im Anschluss ein Proton (H+) des Lösungsmittels auf.
Dadurch entsteht ein neutrales Produkt – die nukleophile Addition ist abgeschlossen.

Die Reaktionsgeschwindigkeit und Reaktivität der nukleophilen Addition hängt dabei von der Polarisation des Kohlenstoffatoms sowie der Nukleophilie des angreifenden Teilchens ab.

Addition von Wasser

Als Nukleophil kann beispielsweise das Wassermolekül fungieren. Hier spricht man dann von der „Nukleophilen Addition von Wasser“.
Obwohl die Nukleophilie des Wassers nicht stark ausgeprägt ist, stellt sich in einer wässrigen Lösung ein Gleichgewicht zwischen der darin befindlichen Carbonylverbindung und dem mit Wasser entstehenden geminalenDiols ein. Dies wird auch als Carbonylhydrat bezeichnet.


Die Addition von Wasser läuft dabei nach der folgenden Reaktion ab:

Aldehyd + Wasser ↔ gem-Diol


↔ Hin- und Rückreaktion über Keq (Gleichgewichtsreaktion)

In der vorliegenden Addition von Wasser werden die Carbonylhydrate im neutralen Wasser – also bei pH = 7 – nur sehr langsam gebildet. Durch Zugabe von Säuren oder Basen wird die Reaktion allerdings beschleunigt bzw. katalysiert.

Addition von Alkoholen

Gehen Aldehyde mit Alkoholen in Gegenwart eines Säure-Katalysators eine Reaktion ein, dann entstehen dabei sogenannte Acetale. Dieser Vorgang wird im Allgemeinen als Addition von Alkoholen bezeichnet.


Die Addition von Alkoholen läuft dabei prinzipiell so ab:

Aldehyd + Alkohol ↔ Halbacetal + Alkohol ↔ Acetal + Wasser

Die Reaktion läuft dabei so ab, dass sich das Aldehyd mit dem Alkohol zunächst zu einem Halbacetal verbindet. Im nächsten Schritt (meist bei einem vorliegenden Überschuss an Alkohol) bildet sich schließlich das Acetal (Vollacetal). Diesen Vorgang kann meist bei Kohlenhydraten im sogenannten Ringschluss beobachtet werden.

Addition von Stickstoff-Nukleophilen

Bei der Addition von Stickstoff-Nukleophilen (Aminen) können Parallelen zur Addition von Alkoholen gezogen werden. Sie kann man daher auch als N-Analoga bezeichnen.


Allerdings ist das in Amin enthaltene Stickstoffatom (N) deutlich nukleophiler als das O-Atom der Alkohole. Daher lassen sich Amine gut an die Carbonylgruppe der Aldehyde addieren. Dabei reagieren sie zunächst zu Halbaminalen und im Anschluss zu Iminen.

Dabei ist der Mechanismus der Addition von Stickstoff-Nukleophilen ähnlich wie der von Alkoholen:

- ein freies Elektronenpaar des Stickstoffes greift am C-Atom der Carbonylgruppe an.
- ein Wasserstoffatom des Amins R-NH2 verbindet sich mit dem Sauerstoffatom der Carbonylgruppe, der Aminrest (R-NH-) mit dem Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe.

Die Addition von Stickstoff-Nukleophilen kann dabei beispielhaft wie folgt ablaufen:


1. Schritt
Aldehyd + Amin ↔ Halbaminalen

Im weiteren Schritt reagiert das Zwischenprodukt (Halbaminal) weiter und wird protoniert (Addition eines H+ Ions).
Dies führt schließlich zu einer Eliminierung von Wasser und das Imin entsteht.

2. Schritt:
Halbaminale + Wasserstoffproton ↔ Imin + Wasser


Diese bei der Reaktion von Aldehyden mit primären Aminen entstehenden Verbindungen (IMIN) werden auch als Schiff’sche Basen bezeichnet. Benannt sind sie nach dem deutschen Chemiker Hugo Schiff.

Aldolreaktion

Aldehyde können auch untereinander reagieren – hier sprechen wir dann von der sogenannten Aldolreaktion.
Diese kommt zustande, wenn das CH-acide Wasserstoffatom des Aldehyds (H-Atom in α-Position) durch eine Base abgespalten wird. Man sagt hierbei die Verbindung wird deprotoniert.
Alternativ dazu kann die Reaktion auch säurekatalysiert ablaufen des
Nach dieser Abspaltung entsteht das negativ geladene Enolat-Anion. Dieses elektrophile Enolat- Ion kann wiederum an den Kohlenstoff der Carbonylverbindung eines weiteren äquivalenten Aldehyds addieren. Aus dieser Reaktion entsteht schließlich das Aldol (Aldoladdition bzw. Aldolisation). Der Name leitet sich dabei vom Reaktionsprodukt, dem β-Hydroxyaldehyd ab, das zwischen dem Enolat und dem Aldehyd entsteht.
Der Name β-Hydroxyaldehyd deshalb, weil zwischen der Carbonylgruppe und dem C-Atom, das die Hydroxygruppe (-OH) trägt, ein weiteres C-Atom liegt.
Wird das Aldol anschließend wieder basenkatalysiert hydratisiert (Abspaltung von Wasser) so spricht man auch von der Aldolkondensation.
Aldolreaktionen sind ein grundlegendes Reaktionsprinzip innerhalb der organischen Chemie und wichtig für die Bildung von C-C-Bindungen.

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