Kohlenhydrate bzw. Saccharide sind eine chemisch und biologisch bedeutende Stoffklasse. Zu den bekanntesten Vertretern zählen wohl der Zucker und die Stärke. Dies ist insofern weniger
verwunderlich, stammt doch auch die Bezeichnung Saccharid vom griechischen Wort „sakkharon“ (Zucker) ab.
So stellen Kohlenhydrate als Produkt der Photosynthese einen großen Teil (rund zwei Drittel) der weltweit vorhandenen Biomasse dar. Neben Proteinen und Fetten zählen
Kohlenhydrate zu den mengenmäßig größten nicht-verwertbaren bzw. verwertbaren Anteil unserer Nahrung und kommen im Stoffwechsel aller Lebewesen vor.
So sind beispielsweise Pflanzen dazu in der Lage, über die Photosynthese aus Kohlenstoffdioxid und Wasser unter Lichtzufuhr Kohlenhydrate (und Sauerstoff) zu bilden.
Die Reaktionsgleichung lässt sich dafür folgendermaßen formulieren:
6CO2 + 6H2O → C6H12O6 + 6O2
Aus Sichtweise der Chemie handelt es sich bei Kohlenhydrate um Oxidationsprodukte von mehrwertigen Alkoholen. Dabei werden sie nach den
in ihnen enthaltenen funktionellen Gruppen und deren davon abgeleiteten Verbindungen unterteilt.
So werden Hydroxyaldehyde (Carbonylgruppe an terminalen C-Atom (Kettenende)) auch als Aldosen und Hydroxyketone (Carbonlygruppe an einem internen C-Atom) auch als Ketosen bezeichnet. Diese
unterschiedlichen funktionellen Gruppen sind auch maßgeblich für deren Reaktivität verantwortlich.
Da sich zahlreiche bekannte Saccharide mit der Summenformel Cn(H2O)m beschreiben lassen, wurde der Begriff Kohlenhydrate bereits 1844 von K. Schmidt geprägt.
Diese Bezeichnung ist jedoch nicht ganz korrekt, da es sich hierbei nicht alleinig um Hydrate des Kohlenstoffs handelt.
Zudem können die Vertreter der Kohlenhydrate auch deutlich von dieser Summenformel abweichen und sogar weitere Heteroatome wie Stickstoff oder Schwefel enthalten.
Grundsätzlich handelt es sich bei einem Stoff um ein Kohlenhydrat, wenn dieser mindestens eine Keto- bzw. Aldehydgruppe (C=O) und mindestens zwei Hydroxygruppen (-OH) aufweist.
Wie bei anderen organischen Verbindungen gibt es auch hier Moleküle mit gleicher Summenformel, aber unterschiedlichen Molekülstrukturen (Isomeren). Zudem lassen sie sich anhand ihrer strukturellen Ausprägungen in verschiedene Kohlenhydratgruppen clustern. So kann je nach Anzahl der vorher genannten
charakteristischen Kohlenhydrat-Bausteine zwischen Monosacchariden (Einfachzucker), Disacchariden (Zweifachzucker) und Polysacchariden (Mehrfachzucker) unterschieden werden.
Die Monosaccharide – auch als Einfachzucker bezeichnet – bestehen aus einem Molekülgerüst aus drei bis maximal sieben Kohlenstoffatomen. Monosaccharide sind nicht in kleinere Kohlenhydrate zerlegbar. Im Fachjargon bezeichnet man diese auch anhand ihrer Anzahl an Kohlenstoffatome entsprechend als Triosen (drei C-Atome) oder Heptosen (sieben C-Atome).
Der wohl bekannteste Vertreter der Monosaccharide ist die Glucose (Traubenzucker). Die Glucose mit der Summenformel C6H12O6 zählt als Hauptenergielieferant des
Menschen und versorgt so unser Gehirn, unsere Organe sowie unsere Muskeln mit wertvoller Energie.
Glucose erhält man aus der Hydrolyse von Rohrzucker und zudem ist sie in Honig, vielen Früchten und im Blutzucker der Menschen und Wirbeltiere zu finden.
Im Fall der Glucose ist im Kohlenhydrat ein Aldehyd enthalten, weshalb diese der Gruppe der Aldosen zugeordnet werden kann.
Sitzt die Carbonylgruppe dagegen in der Form eines Ketons an einem internen C-Atom, dann spricht man von einer Ketose. Die allseits unter der Bezeichnung Fruchtzucker bekannte Fructose stellt eine solche Ketose dar.
Die in den obigen zwei Darstellungen gezeigten Moleküle sind hierbei allerdings in der vereinfachten offenen Struktur als Fischer-Projektion dargestellt. In der Realität kommen Einfachzucker
allerdings häufig in einer Ringstruktur vor. Außer Pentosen und Heptosen, die auch als Kettenform vorliegen können.
Kohlenhydrate in einer Ringstruktur könne auch als Pyranosen bezeichnet werden. So liegt beispielsweise die Glucose zu 99,9 % als α- oder β-Glucose in
einer Ringstruktur vor. Erreicht wird diese Ringstruktur, wenn das Monosaccharid groß genug ist und die Carbonylgruppe mit einer Hydroxygruppe reagiert. Bei diesem Vorgang, der auch als
Ringschluss bezeichnet wird, gehen das Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe und das Sauerstoffatom der Hydroxygruppe eine Verbindung ein. Die Ringschlussreaktion findet ständig statt und die
Existenz der offenkettigen Form und der Ringform stehen in einem Gleichgewicht zueinander.
Je nach Anordnung der Alkoholgruppe am C-Atom der Ringstruktur kann dann von einem alpha-Zucker (unten) oder von einem beta-Zucker (oben) gesprochen
werden.
Ob nun ein alpha- oder beta-Zucker entsteht, hängt im Wesentlichen von der Stellung des Wasserstoff- und Sauerstoffatoms zum Zeitpunkt des Ringschlusses ab.
Da im Falle der Glucose die Aldehydgruppe jedoch frei um die Einfachbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen rotieren kann, ist die Entstehungswahrscheinlichkeit eher dem Zufall überlassen.
Einfachzucker sind zwar farb- und geruchlose Kristalle, schmecken aber meistens sehr süß. Aufgrund der Polarität ihrer Verbindung sind sie gut in Wasser löslich. Darin liegt auch der Grund, dass
man Getränke und Speisen mit Zucker süßen kann und dieser auch im Körper über das Blut transportiert werden kann.
Zudem können Einfachzucker auch oxidiert werden – sie wirken also reduzierend. Dabei oxidieren die Aldosen zu den korrespondierenden Aldonsäuren.
Weitere wichtige Vertreter der Einfachzucker sind:
- Ribose: als ein Teil der RNA (Ribonukleinsäure)
- Desoxyribose: ein Teil der DNA (Desoxyribonukleinsäure)
- Galactose (Schleimzucker)
Reagieren zwei Monosaccharide in einer Kondensationsreaktion unter Wasserabspaltung miteinander, dann bilden sich Disaccharide. Diese auch als Zweifachzucker bezeichneten Moleküle können jedoch
wieder in ihre Ausgangsstoffe zerlegt werden.
Die sogenannte glykosidische Bindung der beiden Einfachzucker findet dabei über ein Sauerstoffatom statt.
Grundsätzlich lassen sich hier zwei Verbindungsarten differenzieren. So findet bei der Maltose-Art die Verbindung über das erste Kohlenstoffatom des einen Einfachzuckers mit dem ersten (C1-C1)
oder vierten Kohlenstoffatom (C1-C4) des weiteren Einfachzuckers statt.
Die Trehalose-Art wird dagegen bei der Verknüpfung des ersten Kohlenstoffatoms des einen Monosaccharids mit dem ersten (C1-C1) oder zweiten Kohlenstoffatom (C1-C2) des zweiten
Monosaccharids erreicht.
Die wichtigsten Vertreter aus der Gruppe der Disaccharide sind die Saccharose (Haushaltszucker), Maltose (Malzzucker) sowie die in Milchprodukten enthaltene Laktose (Milchzucker).
Gebildet werden diese Zweifachzucker-Arten über folgende Kombination der Einfachzucker:
Vergleich von Lactose und Saccharose:
Auch Disaccharide sind farblose Kristalle, die aufgrund ihrer Polarität wasserlöslich sind. Als Feststoff sowie in wässriger Lösung sind die Disaccharide allerdings über
Wasserstoffbrückenbindungen stabilisiert. Disaccharide gelten nur bei pH-Werten von größer oder gleich sieben als stabil, da sie bereits im schwach sauren Milieu bereits hydrolysieren.
Disaccharide kommen häufig in Pflanzen und eher selten in tierischen Produkten vor. So können sie zum Beispiel in Algen, Hefen, Pilzen, Obst, Frucht- und Gemüsesäften sowie Milchprodukten
gefunden werden.
Die bekannte Saccharose wird meist aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen.
Sie entstehen, wenn mehrere Monosaccharide bzw. Disaccharide glykosidische Bindungen miteinander eingehen.
Diese Gruppe kann nochmals in die Moleküle der Mehrfachzucker (Oligosaccharide), die aus drei bis zehn Monosacchariden bestehen, sowie in die Gruppe der Vielfachzucker (Polysaccharide), die
aus mehr als zehn Monosacchariden (bis zu 500) bestehen, unterteilt werden. In den meisten Fällen werden sie allerdings unter der Gruppe der Polysaccharide zusammengefasst.
Bestehen die Polysaccharide aus gleichartigen Monosacchariden, dann werden diese auch als Homoglykane bezeichnet. Werden sie dagegen aus verschiedenen Monosacchariden aufgebaut, dann werden
sie entsprechend als Heteroglykane bezeichnet.
Zu den wichtigsten Vertretern der Polysaccharide zählt die Stärke, da sie in zahlreichen Lebensmitteln (z. B. Getreideprodukten) vorhanden ist. Pflanzen bilden Stärke, um über sie deren
überschüssigen Anteil an Glucose zu speichern. Stärke wird aus der wasserlöslichen Amylose (ca. 25 %) und dem wasserunlöslichem Amylopektin (ca. 75 %) gebildet. Die Amylose stellt dabei die
unverzweigte Form dar, die über alpha-1,4-glykosidische Bindungen gebildet wird, dar. Das Amylopektin, das den Großteil der Stärke ausmacht, ist dagegen verzweigt und wird über
alpha-1,6-glykosidische Bindungen gebildet.
Stärkemolekül Beispiel (n steht für die n-fache Wiederholung der Moleküle)
Stärke ist ein farbloses und geschmackloses Pulver, das sich in kaltem Wasser lösen lässt. Nach der Aufnahme in den Körper werden die Stärkeketten im Verdauungssystem in ihre einzelnen
Glucosemoleküle aufgespalten und anschließend verstoffwechselt.
Wir als Menschen können überschüssige Glucose beispielsweise in unseren Muskeln und der Leber als Glykogen speichern. Auch das Glykogen ist ein wichtiger Vertreter der Kohlenhydrate, da es für
unseren Körper die wichtigste Speicherform der Glucose darstellt. Glykogen ist im Vergleich zum Stärkemolekül noch deutlich verzweigter aufgebaut.
Ein weiterer wichtiger Vertreter der Polysaccharide ist die Cellulose, die Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwänden ist. Etwas Flachs oder Baumwolle bestehen fast vollständig aus
Cellulose.
Im Vergleich zu den deutlich kleineren Monosacchariden und Disacchariden sind die Polysaccharide wesentlich schlechter in Wasser löslich. Allerdings haben sie den Vorteil, dass sie den Körper über längere Zeit mit einer konstanten Energiemenge versorgen, das sich aufgrund ihrer Komplexität kontinuierlich kleinere Einfachzucker von ihnen abspalten. Dadurch kommt es auch zu deutlich geringeren Schwankungen des Blutzuckers, die vor allem bei Einfachzuckern viel ausgeprägter vorhanden sind.